Wegezeitberechnungen beim Wandern

Eine „Zauberformel“ aus Streckenlänge & Höhenmetern

Die  Berechnung der Wegzeiten auf Wanderungen lässt sich anhand der  Streckenlänge in der Ebene und der Höhenmeter kalkulieren

Die Berechnung der Wegzeiten auf Wanderungen lässt sich anhand der Streckenlänge in der Ebene und der Höhenmeter kalkulieren

Wie lange brauch ich für die Tour? Eine FAQ des Wanderns, deren zuverlässige Beantwortung zur Vermeidung von unangenehmen bis gefährlichen Situationen sehr wichtig ist.

„Die Zeitangaben auf den Schildern sind etwas sportlich“, diesen Satz hört man immer mal wieder, wenn man sich auf der Hütte bei anderen Wanderern nach der Dauer einer projektierten Tour erkundigt. Vielleicht auch umgekehrt – je nachdem, mit wem man es zu tun hat. Auf das Fehlerpotential der Frage „Wie lange braucht man für diesen Weg?“ antworten kluge Hüttenwirte gern mit einem „Kommt drauf an…“. Nämlich auf Ihre persönliche körperliche Verfassung und andere Faktoren.

Wer seine Touren nach der Führerliteratur oder aus dem Internet plant, ist auf die vom Autor zugrunde gelegte Wandergeschwindigkeit angewiesen. Gibt es für all diese Zeitangaben denn keine Zauberformel, mit der man sich selbst seine Wegezeiten zuverlässig ausrechnen kann? Ja! Man glaubt es kaum – es gibt sogar eine DIN-Norm!

DIN 33466, Nr. 4.3.2.

Für die Zauberformel wird zugrunde gelegt, dass der ganz normale DIN-Wanderer 1 Stunde für 4 Kilometer in der Ebene braucht. Beim Aufstieg braucht er 1 Stunde für 300 Höhenmeter, beim Abstieg schafft er in dieser Zeit 500 Höhenmeter. Dies sind Mittelwerte! Finden Sie raus, wo sie stehen, indem Sie sich bewusst beobachten. Machen Sie aber keinen Wettkampf daraus.

Man braucht also zunächst die horizontale Strecke und die vertikalen Höhenmeter der Tour. Da muss man schon ein bisschen mit dem Kartenmaßstab umgehen können: Auf einer Wanderkarte mit dem Maßstab 1 : 25000 etwa (die meisten Alpenvereinskarten) sind 4 cm ein Km. Ein Maßstab 1 : 50000 (z.B. Kompass-Karten) bedeutet, dass 2 cm einen Kilometer darstellen. Schließlich muss man noch berücksichtigen, wie kurvig der Weg ist (Serpentinen) und schon hat man –grob – die Horizontaldistanz.

Die Höhenmeter sind bei einer klassischen Tagestour von der Hütte auf den Gipfel leichter auszurechnen, da für beides auf der Wanderkarte in der Regel eine Höhenangabe steht. Bei Durchquerungen muss man schon genauer auf die Karte schauen, ob man zwischendurch irgendwo absteigt und dann wieder einen Gegenanstieg hat. Mit der Zeit bekommt man einen Blick dafür.
Hat man Weglänge (Horizontaldistanz) und Höhenunterschied (Vertikaldistanz) kann es losgehen:

Die Zauberformel

Man nimmt die beiden errechneten Zeiten (horizontal-vertikal), nimmt die kürzere, halbiert diese und addiert das Ergebnis zum anderen Wert:

Längere Zeit + (Kürzere Zeit : 2)

Hä? Dies ist am besten anhand eines Beispiels zu verstehen:

Wir haben mit der Karte grob ausgerechnet: 900 Höhenmeter Aufstieg und 6 km horizontale Strecke. Das bedeutet, wenn wir ein „DIN-Wanderer“ sind

3 h Aufstiegszeit; 1 ½ h Zeit für horizontale Strecke
bzw.
3 h + (90 min : 2)
3 h + 45 Minuten = 3 h 45 Minuten Gehzeit

Dies ist nur der Aufstieg ohne Pausen. Der Abstieg geht laut Formel entsprechend schneller. Es macht Spaß, das mal auszuprobieren. Bei größeren Wandergruppen gibt es immer eine/n, der die Tour plant. Sollte es zumindest… Diesem Planer sei verraten, dass es enorm Eindruck auf die Gruppe macht, wenn geplante Zeitangaben tatsächlich grob eingehalten werden und dem Ganzen sogar eine Formel zugrunde liegt und nicht ein Pi mal Daumen. In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Wandersaison!

Der Autor Dr. Tobias Bach ist Bergführeranwärter und Mitarbeiter in der Sicherheitsforschung des deutschen Alpenvereins.Dort hat er als Projektleiter verschiedene Studien erstellt, u. a. Sicherheit beim Wandern und die DAV-Bergwegeklassifizierung.

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