Test: Medion GoPal S3857
Autor: Stefan WeikertGünstiges Outdoor-Navi von Medion im Test
Spätestens mit dem Aufkommen von Geocaching haben sich die Outdoor-Navigationsgeräte ihr Nischendasein aufgegeben und einen festen Platz auf dem Wunschzettel von so manch gemäßigtem Outdoorer eingenommen. Dies mag nicht zuletzt auch daran liegen, dass die neuen Geräte mit übersichtlichen Displays und routingfähiger Navigationssoftware daherkommen und zusätzlich zur Navigation im freien Gelände vielfach auch die Fahrradnavigation beherrschen. Die vergrößerte Zielgruppe ruft neben den „Platzhirschen“ wie Garmin und Falk natürlich auch die Discounter auf den Plan, die vor allem mit preisgünstigen Geräten punkten wollen. Outdoor-Test hat das Medion GoPal S3857 getestet. Testergebnis: 3 von 5 Sternen – ein Schritt in die richtige Richtung, leider mit einigen vermeidbaren Schwächen.Der erste Eindruck
Das Medion GoPal S3857 erweckt auf den ersten Blick einen soliden und überraschend wertigen Eindruck. Das wasserdichte (IPX7) Gehäuse hat eine gummierte Vorderseite, die sich mit einem zentralen An/Aus-Schalter unterhalb des Displays ganz in moderner iPhone-Manier präsentiert. Die gesamte Bedienung erfolgt ausschließlich über das nicht kratzfeste Touchscreen-Display. Die Rückseite besteht aus bruchfestem, mattiertem Plastik, im unteren Bereich deckt eine Gummidichtung, deren Lebensdauer konstruktionsbedingt fragwürdig ist, den USB 2.0 Anschluss ab. Für die outdoortaugliche Stabilität sorgt eine umlaufende, hellgraue Hartplastikeinlage, die bei seitlichem Aufprall ein Großteil der Energie abfangen soll. Die Außenmaße des S3857 betragen ca. 12 x 7 x 1,9 cm, das Gewicht liegt bei lediglich 148 g. Dank der dünnen Ausführung macht das Medion Outdoor-Navi einen sehr schlanken Eindruck und kann auch optisch überzeugen. Zudem liegt es gut in der Hand und ist schnell in jeder Jackentasche verstaut. Insgesamt weckt das S3857 nicht zuletzt wegen der umlaufenden Plastikeinlage Assoziationen mit dem Fahrrad-GPS Navi Edge 800 von Garmin, wobei das Medion-Gerät bereits für etwa die Hälfte des Preises zu haben ist.
Lieferumfang
Das Medion GoPal S3857 kommt mit einem Schwanenhalshalter für den Fahrradlenker, der mittels gummierter Distanzstücke und beiliegendem Inbusschlüssel spiel- und wackelfrei montierbar ist. In diesen Halter wird die Geräteschale eingehakt, in der das Gerät während der Fahrt gehalten wird. Die Aufnahme erinnert mit ihren vier Krallen stark an die Halterung des Falk Ibex. Allerdings wird beim Medion Navi der Halter horizontal eingehakt, während dies beim Ibex vertikal erfolgt. Ähnlich wie bei der ersten Ibex-Serie ist auch beim Medion Outdoor Fahrrad-Navi eine falsche Montage möglich.Outdoor-Test Tipp: Achten Sie bei der Montage darauf, dass der Krallenhalter an beiden Seiten bündig mit der Halteschale abschließt.
Zum Lieferumfang gehören neben den Haltern außerdem ein USB-Kabel, über das das Gerät mit dem PC verbunden und geladen werden kann sowie ein normales Ladegerät für die Steckdose. Das Universal-Ladegerät erfordert einen robusten Geduldsfaden: Das Ladegerät wird mittels Adaptereinsatz für die deutschen Steckdosen ausgerüstet. Diesen Adapter in das Netzteil einzusetzen ist eine Geduldsprobe mittleren Ausmaßes. Die beiden Teile scheinen nicht richtig zusammen zu passen und selbst nach erfolgter Montage sitzt der Adapter nicht richtig fest. Hier besteht eindeutig Nachholbedarf!
Inbetriebnahme und Menüführung
Der Akku, dessen Laufzeit Medion mit acht Stunden angibt, ist fest in das GoPal S3857 integriert. Es ist also nicht möglich, bei einer mehrtägigen Tour den leeren Akku zu tauschen. Der Akku des GoPal S3857 muss zwangsläufig aufgeladen werden. Steht keine Steckdose zur Verfügung, muss die Aufladung entweder z.B. mit dem „Kraftwerk“ von Busch & Müller, einem Ladegerät, das an den Nabendynamo des Fahrrads angeschlossen werden kann, oder mit einer mobilen Ladestation, z.B. von Brunton erfolgen. Insgesamt ist das Outdoor Navi somit eher für ausgiebigere Tagestouren geeignet, falls über Nacht keine Lademöglichkeit besteht.Die Inbetriebnahme erfolgt reibungslos: Einfach 3 Sekunden auf den Ein/Aus-Schalter drücken und das Gerät startet. Nach rund 40 Sekunden ist das Gerät eingabebereit. Das nicht-kratzfeste 3″ TFT Touch-Display hat eine Auflösung von 240 x 400 Pixeln und lässt sich bei aktivierter Hintergrundbeleuchtung auch in der prallen Sonne ablesen, ein wenig mehr Hintergrundbeleuchtung täte dem Outdoor-Navi in einigen Situationen jedoch sicherlich gut. Bei ausgeschalteter Hintergrundbeleuchtung ist das Ablesen in einigen Situationen mit einigen Schwierigkeiten verbunden. In diesem Punkt stellt das Medion GoPal S3857 jedoch keinen Einzelfall dar: Zahlreiche Navis leiden an einer zu schwachen Displaybeleuchtung die zugunsten höherer Akkulaufzeiten in kauf genommen wird.
Die Menüführung des Medion GoPal S3857 lehnt sich mit seiner Routing-Funktion an die gewohnte KFZ-Navigation an und ist weitestgehend intuitiv gestaltet. Das Touchdisplay spricht deutlich besser an als bisher getestete Medion Outdoor-Navi Vorgängermodelle. Ein wenig störend fällt auf, dass es keine Auto-Vervollständigen-Funktion bei der Zieleingabe gibt – diese fehlt auch für bereits eingegebene Ziele. Hier bleibt nur die Auswahl über eine Kurzliste der zuletzt angewählten Ziele. Insgesamt präsentiert sich die Struktur der Menüführung beim Medion GoPal S3857 aber aufgeräumt und strukturiert. Die einzelnen Menüpunkte sind in Listen organisiert, die durch „scrollen“ auf dem Touchdisplay angesteuert und durch tippen ausgewählt werden. Der Scrollschieber auf dem Display könnte besser ansprechen, zudem erweist sich die Scrollfunktion bei sehr langen Listen, beispielsweise bei selbst importierten Tracks als etwas mühselig.
Für das Hinzufügen eigener Tracks und Kartendaten stehen beim Medion GoPal S3857 rund 3 GB zur Verfügung. Zusätzlicher Platz kann durch Löschen nicht benötigten Kartenmaterials geschaffen werden. Eine Erweiterung des Navi-Speichers per SD-Karte ist beim Medion GoPal S3857 nicht vorgesehen.
Kartenmaterial und Navigation
Ein Navi – inbesondere in Outdoor-Geräten – ist letztlich nur so gut, wie sein Kartenmaterial. Das Medion GoPal S3857 ist mit den Open Street Map Vektorkarten ausgestattet und verfügt zusätzlich über topografische Rasterkarten vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie. Letztere sind leider im Maßstab von 1:100.000 und reichen allenfalls für eine grobe Orientierung aus. Nach bewährtem Prinzip können sich Nutzer kostenpflichtig Karten mit einem kleineren Maßstab herunterladen. Dem Gerät liegt ab Kauf ein Gutschein über eine Rasterkachel im Maßstab 1:25.000 bei.In Bezug auf die Navigationsleistung lassen sich nur wenige Schwächen feststellen: Insgesamt ließ das Gerät im Test einige Schwächen bei der Exaktheit der Positionsbestimmung erkennen. Insbesondere im städtischen Bereich war die Bestimmung der Position oftmals um rund 50 Meter ungenau, was sich hier als besonders ungünstig erweist.
Praktisch ist die erstmalig beim Falk Ibex eingeführte Routing-Funktion, die sich nun auch im Medion GoPal S3857 wiederfindet. Radler und Wanderer geben einfach das gewünschte Ziel ein und werden ungeachtet etwaiger absichtlicher Umwege trotzdem zum Zielort geführt. Selbst wenn mit dem Fahrrad bei einer rasanten Abfahrt die Abzweigung verpasst wurde, berechnet das Medion GoPal S3857 zielsicher den Weg neu. Dabei sollte auf jeden Fall im Vorfeld die passende Auswahl zum verwendeten Fortbewegungsmittel gewählt werden. Die Fußgängerrouten weichen teils erheblich von den Fahrradstrecken ab!
Kurios mutet die Zieleingabe zu Straßenadressen an: Adressen, die nicht in Open Street Map vorhanden sind, sind dem Gerät vollkommen unbekannt, wenn man sie über die Zieleingabe eintippt. Das ist auch dann der Fall, wenn es sich um eine Adresse handelt, die in den POIs verzeichnet ist. Die Navigation zum Lieblingsrestaurant sollte man also besser nicht über die Adresse, sondern besser über die Suche nach POIs versuchen. Hier offenbart das Gerät eine große Schwäche. Es sollte zumindest ein Datenabgleich zwischen den OSM-Karten und den POIs vorhanden sein.
Ein weiterer Kritikpunkt zeigte sich beim Verschieben des Kartenausschnitts. Hierfür benötigt das Gerät im Test bis zu zehn Sekunden ehe der neue Bereich nach einem Ziehen dargestellt wird. Hier gibt es massiven Nachholbedarf für Medion. Zudem erscheinen auch die möglichen Zoomstufen nicht sehr sinnvoll gewählt zu sein. Gebäude werden erst auf der Zoomstufe „50m“ angezeigt aber von vielen anderen POIs überlagert. Bei der Skalierung auf „500m“ wird leider kein Straßennetz mehr angezeigt, obwohl gerade erst in dieser Auflösung eine kleinere Stadt überblickt werden kann. Offenbar wurde herstellerseitig vor allem die Outdoor-Navigation ins Auge gefasst.
Fazit
Das Medion GoPal S3857 ist ein günstiges Gerät und verrichtet dafür ungewöhnlich gut seinen Dienst. Aufgrund der festgestellten Schwächen in puncto Touchdisplay, Zielnavigation und Ausstattung muss jeder für sich entscheiden, ob das GoPal für gelegentliche, kleinere Radtouren oder Wanderausflüge nicht völlig ausreichend ist, oder ob die empfindlich teureren Marktführer von Magellan, Garmin & Co. die bessere Wahl sind. Ambitionierte Geocacher und fortgeschrittene Nutzer mit einem höheren Anspruch an Outdoor-Navigation sollten sich die Anschaffung allerdings gründlich überlegen.
Update 12.04.2012:
Durch ein Software-Update wurde die Reaktionszeit des Touch-Screens etwas verkürzt. Die Karten lassen sich zudem leichter verschieben (Scroll & Zoom-Funktion) und auch die Zeitspanne vom Start des Geräts bis zum betriebsbereiten Zustand konnte von 40 auf 25 Sekunden reduziert werden. Trotz dieser Optimierung liegt das GoPal S3857 immer noch hinter vergleichbaren Produkten der Marktführer, da weiterhin eine deutliche Verzögerung zwischen Eingabe und Reaktion seitens des Geräts erkennbar ist.
Das Medion GoPal S3857 ist im Medionshop für 179,00 € erhältlich.
Kann von dem Navi-Halter nur abraten.
Um Spiegelungen auszugleichen musste ich „flexiblen“ Arm meiner Fahrradhalterung immer wieder leicht nachjustieren. Nach wenigen Tagen war er gebrochen. Er besteht lediglich aus einem ALU-Stab. Da ALU keinerlei Biegefestigkeit aufweist ist es völlig ungeeignet, diese Funktion zu erfüllen.
Medion zeigte sich bei meiner Reklamation total uneinsichtig, mir wurde Gewalteinwirkung unterstellt. Aber negative Erfahrung mit Reklamationsabteilung habe ich zuvor bereits zuvor mit einem Auto-Navi gemacht.
Weiterhin ist das Navi ist durch die Schwingungen während der Fahrt kaum ablesbar; das Display lässt sich bei hellem Wetter (trotz Hintergrundbeleuchtung) nicht ablesen und die Laufzeit des Akkus ist, wie oben beschrieben, nicht geeignet für anspruchsvolle, längere Touren. In der Regel war der Akku nach fünf Stunden leer.
Meine Entscheidung: Nie wieder ein Medion-Gerät.
D. Jumel