Test: Fahrrad Navi Mio Cyclo 300
Autor: Stefan WeikertSurprise Me! – neue Routen
Im Zuge der ISPO 2012 stellte Mio (MiTAC) mit dem Mio Cyclo 300 und dem etwas besser ausgestatteten Mio Cyclo 305 gleich zwei Fahrrad-Navigationsgeräte vor, die insbesondere auf die stetig wachsende Gruppe der Freizeitradsportler abstellen. Erklärtes Ziel war nach Aussage der Entwickler, ein Navigationsgerät auf den Markt zu bringen, das sich durch einfachste Handhabung und intuitive Bedienbarkeit auszeichnen sollte. Outdoor-Test hat das Mio Cyclo 300 getestet. Ergebnis: 4/5 Sternen – Sehr gute Menüführung, schlankes Design, guter Funktionsumfang, leider mit Abstrichen bei Positionsbestimmung und Routenanweisung.
Lieferumfang und Zubehör
Das Mio Cyclo 300 wird mit Ladegerät, PC-Adapterkabel (USB auf Mini-USB), Fahrradvorbau-Halterung mit Moosgummischeiben und 2 Kabelbindern geliefert. Der Akku befindet sich bereits im Gerät, ist nicht auswechselbar und muss vor der ersten Inbetriebnahme für 8 Stunden geladen werden. Das Ladegerät verfügt neben einem Adapter für deutsche Steckdosen auch über einen englischen Adapter, der bei Bedarf eingesetzt werden kann. Nachdem das Mio Cyclo 300 geladen ist, ist es betriebsbereit.
Erster Eindruck – Fahrrad-Navi Mio Cyclo 300
Der erste Eindruck ist sehr positiv. Das Cyclo 300 ist nicht größer als ein Smartphone und liegt mit seinen Abmaßen von ca. 120mm x 68mm x 22mm sehr gut in der Hand. Das Gewicht von 156 Gramm ist genau richtig und vermittelt zudem einen wertigen Eindruck.
Die Fläche des 3“ Touchdisplays ist dank der sehr übersichtlichen und klaren Menüführung völlig ausreichend. Während der Einrichtung fällt auf, dass das Display zuweilen besser ansprechen könnte, zudem gibt das Gerät manchmal einen Quittungston von sich, ohne jedoch die Eingabe zu registrieren.
Hinsichtlich der Ablesbarkeit kann es bei ungünstigem Lichteinfall und starkem Sonnenschein zu einigen Problemen kommen. Eine mattierte Oberfläche des Touchscreens hätte der besseren Lesbarkeit sicher Vorschub geleistet.
Insgesamt vermittelt das Gerät einen robusten Eindruck, es ist jedoch fraglich, ob das Plastikgehäuse einen ungebremsten Sturz auf Asphalt unbeschadet überstehen würde. Ein gummiertes Gehäuse könnte hier mehr Sicherheit bieten. In Hinblick auf Wetterfestigkeit brauchen sich künftige Besitzer nicht zu fürchten: Das Gerät ist IPX7 zertifiziert und sollte auch einem kräftigen Regenschauer trotzen können. Der neuralgischste Punkt, die USB-Schnittstelle, ist taktisch günstig an der Rückseite des Geräts untergebracht und mit einem Gummideckel gegen eindringendes Spritzwasser geschützt.
Lenkerhalterung
Die Lenkerhalterung wirkt auf den ersten Blick simpel, fast billig, erweist sich im Testeinsatz aber als funktionale Überraschung: Ein Bajonett-Verschluss wird – ähnlich den Akkuhalterungen der Sigma lION Lampen – mittels zweier Kabelbinder wahlweise auf dem Vorbau oder dem Lenker fixiert. Eine gewölbte Moosgummi-Unterlage sorgt dabei für sicheren Sitz. Wenn die Kabelbinder fest genug angezogen werden, drückt sich die Gummi-Unterlage ein wenig zusammen und der Halter sitzt umso sicherer.
Im Test wurde die Montageposition „Vorbau“ gewählt, jedoch sind nicht alle Vorbauten für eine derartige Montage geeignet. Besonders steil ausgerichtete oder sehr kurze Modelle eignen sich nicht. Hier muss das Fahrrad-Navi am Lenker montiert werden. Der Hersteller gibt beide Montagepositionen frei.
Durch die feste Montage mittels Kabelbindern kann das Mio Cyclo 300 nicht einfach zwischen mehreren Rädern ausgetauscht werden. Zusätzliche Lenkerhalter sind allerdings beim Hersteller erhältlich (Doppelpack: 17,99€).
Wenn der Halter am Rad montiert ist, wird das Navi mit einer Drehbewegung in den Halter eingesetzt und sitzt dort fest und spielfrei. Im Test konnten auch längere Kopfsteinpflasterstrecken problemlos bewältig werden. Die Langzeittauglichkeit muss allerdings im täglichen Gebrauch ermittelt werden. Besonders anzumerken ist, dass dank der simplen Halterung das Gerät nicht sehr hoch baut und sich im Gegensatz zu Schwanenhalskonstruktionen anderer Hersteller sehr gut in das optische Erscheinungsbild des Fahrrads einfügt. Allerdings wird durch die feste Montage die Anpassbarkeit stark eingeschränkt – eine Neuausrichtung bei ungünstigem Lichteinfall ist damit von vornherein ausgeschlossen.
Start, Handling und Menüführung des Mio Cyclo 300
Im Test dauerte es nach dem 3-sekündigen Druck auf dem „Home“-Button weitere 18 Sekunden bis das Gerät bereit zur Nutzereingabe war – ein sehr guter Wert! Auch die GPS Verbindung ist binnen weniger Sekunden aufgebaut. Teilweise ist der GPS-Empfang sogar in Gebäuden gegeben.
Ist das Gerät hochgefahren, hat der Nutzer auf dem Home-Screen 6 Auswahlmöglichkeiten:
- Übersicht: Eine Zusammenfassung der ausgewählten Strecke, inkl. Angabe über Streckenbeschaffenheit, Geschwindigkeit, Entfernung, Kalorienverbrauch
- Navigieren: Ein Navigationsmenü mit Navigation zu Adresse, Heimatort, Koordinaten, Favoriten, PoIs etc.
- Verlauf: Eine Zusammenfassung der letzten aufgezeichneten Tracks, die auch per gpx-Export auf den Rechner übertragen werden können. Zudem können die Tracks ausgewählt und mit der „Übersicht“ noch einmal detailliert angesehen werden
- Training: Ein abgespecktes Trainingsprogramm, in dem eine gewünschte Entfernung, Zeit oder ein avisierter Kalorienverbrauch eingegeben werden können. Das Gerät informiert den Nutzer, sobald das gewünschte Trainingsziel erreicht wurde
- Einstellungen: Gerätegrundeinstellungen wie Datum, Uhrzeit, aber auch Kompasskalibrierung oder die Anpassung des Übersichtsmenüs werden hier gesteuert
- Surprise Me: Dieser Menüpunkt ist eine Besonderheit und macht das Mio Cyclo außergewöhnlich, weshalb sich die Testredaktion diesem Feature etwas ausführlicher widmet.
Surprise Me! – Überraschende Routen
Der Surprise Me!-Modus des Mio Cyclo hat bereits im Vorfeld für gespannte Erwartung gesorgt und das zu Recht, denn dieses Feature macht das Fahrrad-Navi eigentlich erst so besonders. Der Nutzer hat mit Surprise Me! die Möglichkeit,
sich direkt an seinem Standort vom Navi mögliche Routen vorschlagen zu lassen. Dazu ist es nicht nötig, Kataloge von Radwanderwegen zu wälzen oder auf bereits fest geplante Routen zurück zu greifen. Es wird einfach die gewünschte zurückzulegende Entfernung oder die zur Verfügung stehende Zeit eingegeben und nach wenigen Sekunden schlägt einem das Gerät drei mögliche Routen vor. Gefallen diese Routen nicht, führt man den Vorgang ein zweites Mal aus und erhält drei völlig neue Routenvorschläge. Diese Funktion ist ideal für Urlauber, die einfach und ohne umfangreiches Kartenmaterial am Ferienort die Gegend erkunden wollen oder für Radfahrer, die auch an ihrem Heimatort bekannte Wege verlassen und neues Terrain erkunden wollen.
Zeichnet man die Strecke während der Fahrt auf, kann man sie für eine spätere Wiederholung ganz einfach im Verlauf wiederfinden, oder als eigene Strecke abspeichern. Der gpx-Export ist natürlich auch möglich.
Die Surprise Me!-Funktion ist eine echte Bereicherung und ein ideales Feature für alle Freizeitradler, die Spaß am Radfahren haben und sich nicht mit Zielen und Adresseingaben beschäftigen möchten. Dadurch ist es an fast jedem Ort und zu jeder Zeit möglich, unter Einbeziehung des verfügbaren Zeitrahmens oder des bestehenden Leistungsniveaus, passende Routen aus dem Stehgreif zu generieren.
Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass das Gerät die gemachten Zielvorgaben zumeist als Mindestvorgabe betrachtet. Bei einer gewünschten Entfernung von 20 Kilometern kann es also durchaus vorkommen, dass die Routenvorschläge zwischen 20 und 28 Kilometern variieren.
Navigationsleistung des Mio Cyclo 300
Hat man eine Adresse eingegeben oder eine Route über das Surprise Me!-Menü gewählt, errechnet das Mio Cyclo die Route. Bei einer 120 Kilometer langen Fahrradstrecke dauerte dies im Test bis zu 35 Sekunden.
Maximal kann das Navigationsgerät Strecken von 200 Kilometern Länge berechnen, darüber hinausgehende Strecken haben zu viele Wegpunkte und können daher nicht berechnet werden. Zum Vergleich: Beim Falk Lux liegt dieser Wert bei etwa 230 Kilometern, beim Falk Ibex bei nur ca. 120 Kilometern.
Eine praktische Zusatzfunktion hat das Mio Cyclo an Bord: Möchte man zu einer Fahrrad-Strecke mit dem Auto anreisen, kann man das Gerät hierzu ebenfalls verwenden. Es besteht dabei die Auswahl zwischen der Navigation zum Startpunkt der Strecke oder zum nächstgelegenen Routenpunkt. Letztere Option macht vor allem bei Rundstrecken Sinn. Die Berechnung der Strecke mit dem Auto ist aufgrund der geringeren Anzahl an Streckenpunkten deutlich schneller, im Test wurden für eine 120 Kilometer lange Route rund 15 Sekunden gebraucht.
An der gewünschten Route angekommen zeigt der mitlaufende Kartenausschnitt die Route an. Links oben in der Ecke werden zudem die Streckenanweisungen in Textform ausgegeben. Hier offenbart das Gerät allerdings Schwächen. Zum einen ist die Positionsbestimmung zum Teil zu ungenau, Abweichungen von bis zu 30 Metern sind nicht selten. Dies wirkt sich entsprechend auf die Exaktheit der Routenanweisungen aus. Zudem machen die Anweisungen aus Sicht der Testredaktion in einigen Fällen nur wenig Sinn: Teilweise werden die Anweisungen wie „Halten Sie sich leicht rechts“ auch dann gegeben, wenn die Straße geradeaus verläuft. Aufgrund dieser eher verwirrenden Angaben wurden die Anweisungen im Test weitestgehend ignoriert. Ausschließlich die Karte ist als Navigationshilfe völlig ausreichend. Aufgrund der ungenauen Positionsbestimmung sollten sich Radler im Übrigen auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen und beispielsweise nicht auf die Angabe der Straßenseite des Geräts vertrauen.
Eine Sichtung der Trackaufzeichnung gab Aufschluss darüber, dass die festgestellten Ungenauigkeiten bei der Navigation nicht auf fehlerhaftes Kartenmaterial sondern auf Ungenauigkeiten bei der Positionsbestimmung zurückzuführen sind.
Positiv fiel im Test der Abbiegehinweis auf: das Gerät piept bei 250 (1x), 150 (2x) und 50 (3x) Metern und signalisiert so dem Radler den bevorstehenden Abbiegevorgang. Zudem wird der Kartenausschnitt vergrößert und erleichtert so die Navigation. Die Piep-Ansage ist völlig ausreichend, zudem spart der Verzicht auf eine Sprachansage Energie. Apropos Energie: Die Akkulaufzeit gibt der Hersteller mit maximal 12 Stunden an, dieser Wert deckt sich mit den Testergebnissen, wobei einige Einstellungen nötig sind, um den Energieverbrauch des Geräts zu senken. Leider hat das Mio Cyclo 300 keinen auswechselbaren Akku, so dass das Gerät bei längeren oder mehrtägigen Touren auf jeden Fall eine Steckdose benötigt. Für Freizeitradler ist die Akkulaufzeit aber mehr als ausreichend.
Kartenmaterial
Das Mio Cyclo 300 greift auf lizenzfreies Kartenmaterial von OSM (Open Street Maps) zurück. Aus diesem Grund sind teilweise Adressdaten nicht verfügbar oder unbekannt, was die Adressnavigation zum Teil erschwert oder unmöglich macht. Auch im Test waren verschiedene Adressen unbekannt oder falsch platziert. Zudem ist das Menü nicht auf Hausnummernzusätze wie „Hauptstraße 1a“ ausgelegt. Da das Kartenmaterial aber lizenzfrei ist und immer mehr Nutzer zum OSM-Projekt beitragen ist davon auszugehen, dass nach und nach die Lücken im Adressverzeichnis geschlossen werden.
Ein großer Vorteil der lizenzfreien Karten ist, dass Kartenmaterial anderer Länder frei verfügbar ist und aufbereitetet Kartenupdates von den Geräteherstellern meist günstig zur Verfügung gestellt werden können. Im Testgerät Mio Cyclo 300 Westeuropa sind standardmäßig 23 Länder Westeuropas vorinstalliert. Teure Erweiterungen für das nächste europäische Urlaubsziel sollten damit bereits abgedeckt sein.
Testfazit Mio Cyclo 300
Das Fahrrad-Navigationsgerät Mio Cyclo ist ein sehr guter Wegbegleiter für alle, die sich nicht lange mit dem Thema mobile Navigation am Fahrrad aufhalten, sondern lieber ihre Freizeit auf dem Rad genießen wollen. Sowohl für die touristische Erkundung, die Navigation im Radurlaub als auch das Kennenlernen neuer Wege am Heimatort ist das Gerät sehr gut geeignet. Der Surprise Me!-Modus ist eine Funktion, auf die die (Fahrrad-) Welt gewartet hat. Im Test funktionierte die Funktion tadellos und macht die Tourenplanung so einfach wie nie.
Abzüge muss sich das Gerät bei der Positionsbestimmung, den nicht immer eindeutigen Routenanweisungen und nicht zuletzt dem Preis gefallen lassen, der angesichts des frei zugänglichen OSM-Kartenmaterials üppig ausfällt.
Insgesamt ist das Mio Cyclo 300 aber ein gelungenes Gerät mit dessen Schwächen man gut leben kann.
Das Mio Cyclo 300 Westeuropa kostet € 349,99. Das Mio Cyclo 305 Westeuropa kostet 399,99, verfügt über alle Funktionen des Mio Cyclo 300 und ist darüber hinaus mit ANT+, z.B. für drahtlose Trittfrequenzübertragung ausgerüstet. Zusätzliche Lenkerhalter sind beim Hersteller erhältlich (Doppelpack: 17,99€). Als weiteres Zubehör bietet der Hersteller einen KFZ-Adapter, eine Autohalterung und eine Schutz-/Tragetasche an.
Ein kurzer Hinweis: Zwar ist das Kartenmaterial von OSM, aber die Adressen und POIs stammen von anderen Lieferanten. Es stimmt zwar, dass auch wir selbst noch große Defizite haben, aber falsch platzierte Hausnummern sind mir selbst noch nicht aufgefallen (könnten aber bei http://www.osmbugs.org schnell gemeldet werden)