statusCHECK Nachhaltigkeit 2013: Fair Wear Foundation
Autor: ChristianDer Abschlussbericht zur Studie „Living Wages“ wird voraussichtlich im Oktober dieses Jahres erscheinen
Interview mit Saskia Krämer, FWF
Outoor-Test: Fair Wear Foundation spricht von derzeit drei wichtigen Themen. Könnten Sie uns einen Status zu diesen Themen in Bezug auf die Outdoorbranche geben?
Saskia Krämer:
Payment of a Living wage – research and implementation
Die Zahlung eines “living wage” (existenzsichernden Lohnes) ist eines der Kernpunkte der Fair Wear Foundation Code of Labour Practices und gleichzeitig eines der Elemente, die am schwierigsten in der Praxis umzusetzen sind. Die Löhne sind gekoppelt an die Preise, die die Textilunternehmen mit den Produktionsbetrieben aushandeln. Um sicher zu gehen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter tatsächliche Verbesserungen in ihrem Lohnniveau erfahren, müssen vielfältige, komplexe Fragen beachtet werden. Dieser Herausfordung hat sich im vergangenen Jahr die Fair Wear Foundation mit Unterstützung der European Outdoor Group und in Kooperation mit verschiedenen Outdoor-Unternehmen gestellt und eine Studie durchgeführt, die die Auswirkungen in der Wertschöpfungskette misst, wenn die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeitern in den Produktionsbetrieben tatsächlich auf das Niveau eines living wages angehoben würden.
Fire and building safety in Bangladesh
Generell zeichnet sich die Outdoorindustrie dadurch aus, dass sie, bedingt durch ihren hohen technischen Anspruch an ihre Produkte, viele eigene Produktionsbetriebe haben bzw. langfristige Lieferbeziehungen mit ihren Zulieferern und Produzenten anstreben, um die hohe Produktqualität aufrechtzuerhalten. Diese Art zu Wirtschaften setzt eine enge Zusammenarbeit voraus und hat den Effekt, dass viele Outdoorunternehmen ihre Produktionsstätten gut kennen.
Sind Outdoorunternehmen Mitglied bei der FWF, dann haben sie den Code of Labour Practices unterzeichnet und sich damit verpflichtet die acht von der FWF formulierten und an den ILO Kernarbeitsnormen angelehnten Arbeitsrichtlininen in ihrer Zuliefererkette zu implementieren. Darunter fällt auch, einen Arbeitsplatz zu schaffen, der die Gesundheit und Sicherheit der Arbeiterinnen und Arbeiter schützt. Zwar stand Bangladesch in den letzten Monaten im Fokus des öffentlichen Interesses; das Ziel jedoch für FWF-Mitglieder ist es, einen gesunden und sicheren Arbeitsplatz für die Arbeiterinnen und Arbeiter in allen Ländern, aus denen sie ihre Waren beziehen, zu schaffen.
Prevention of violence against women
Im Rahmen des FWF Workplace Education Programmes werden Arbeiterinnen und Arbeitern, aber auch Mitarbeitern im Management sowie Supervisoren der Produktionsbetriebe Trainings angeboten.Die Schulungen thematisieren den FWF Code of Labour Practices – also die acht Arbeitsrichtlinien der FWF. Bei diesen Schulungen werden sie über ihre Arbeitsrechteund -pflichten aufgeklärt sowie über die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten informiert, die ihnen offenstehen, wenn gegen ihre Rechte verstossen wird. Das Programm wird von der FWF in den vier Hauptproduktionsländern China, Bangladesch, Indien und der Türkei angeboten. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Arbeitsrealität in diesen vier Ländern durch sehr unterschiedliche Probleme geprägt ist. In Indien und Bangladesch werden vor allem die beiden Richtlinien „keine Diskriminierung am Arbeitsplatz“ und „sicheres und gesundes Arbeitsumfeld“ behandelt, die die Themen Belästigung am Arbeitsplatz und Gewalt gegen Frauen beinhalten. FWF-Mitglieder aus der Outdoorbranche produzieren jedoch ohnehin weniger in diesen beiden Ländern, sondern eher in China. Hier liegt der Schulungsfokus neben der Aufklärung über Rechte und Pflichten von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern und Arbeitgebern, auf der Stärkung gewerkschaftlicher Beteiligung und der Gründung von Betriebsräten.
Outdoor-Test: Wie ist der Status bei den Pilotprojekten der FWF mit der Outdoorbranche?
Sakia Krämer:
Studie zu Living Wages in Kooperation mit European Outdoor Group
Die eingangs erwähnte Studie zu living wages beschäftigte sich mit der Frage, in welcher Beziehung Produktpreise und Löhne für Arbeiterinnen und Arbeiter in den Produktionsbetrieben stehen. Sie untersuchte, was mit den Preisen für typische Produkte der Outdoorbranche passiert, wenn die Löhne in dem Umfang angehoben werden, dass sie verschiedenen living wage benchmarks (existenzsichernden Lohnniveaumarken) entsprechen.
Hierbei nahmen sieben FWF Mitglieder aus der Outdoorbranche teil: Deuter Sport und Vaude Sport aus Deutschland, Haglöfs aus Schweden, KTC Limited aus Hong Kong, KJUS, Mountain Force und ODLO Sports aus der Schweiz. Sie stellten für die Analyse Daten zu tatsächlichen Kosten für sechs Jacken und drei Rucksäcken aus ihrem Sortiment zur Verfügung.
Die wegweisende Studie stellt aufgrund ihrer starken Praxisorientierung einen Meilenstein dar. Anhand der Ergebnisse besteht nun die Möglichkeit, Vorhersagen zu treffen, wie sich eine Annäherung der Löhne an die living wage benchmarks auf die Kosten in der Herstellung realer Produkte auswirkt.
Dass die Unternehmen bereit waren, ihre sensiblen Daten für diese Studie zur Verfügung zu stellen, spricht für eine große Bereitschaft, ernsthaft an dem Thema living wages und an einer Verbesserung selbiger zu arbeiten. Der Abschlussbericht zur Studie und zum Projekt wird voraussichtlich im Oktober dieses Jahres erscheinen und unserer Internetseite veröffentlicht werden.
Best Practice Award 2013 an Outdoor-Unternehmen
Jedes Jahr verleiht die FWF auf ihrer Jahreskonferenz den Titel Best Practice an eines ihrer Mitglieder, das auf innovative Weise Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in ihrer Zuliefererkette erreicht hat. Dieses Jahr überreichte die FWF Mammut, Odlo und Schöffel den Best Practice Award 2013. Die drei Unternehmen haben durch das Zusammenlegen ihrer Kräfte und durch vorbildliche Kooperation grosse Fortschritte in der Umsetzung der Arbeitsrichtlinien erzielen können.