Mount St. Elias – ein Bericht zur Entstehung des Films
Autor: Christian„Rein technisch ist der Mount St. Elias mit einer zünftigen Westalpentour vergleichbar.“
Volker Holzner war als Bergführer bei dem Filmprojekt „Mount St. Elias“ dabei. Auf Outdoor-Test:: berichtet er exklusiv über seine Eindrücke und unvergessliche Erlebnisse von einem wirklich abgeschiedenen und einsamen Ort. Der Film Mount St. Elias lief Ende 2010 in vielen europäischen Ländern in den Kinos und ist ab dem 7. April 2011 als DVD erhältlich. Er hat zahlreiche Preise eingeheimst, unter anderem den Preis als bester Dokumentarfilm beim Alaska International Film Festival. Der Film handelt von der Besteigung und der anschließenden Skiabfahrt des zweithöchsten Bergs Nordamerikas, dem Mount St. Elias (5.489 Meter). Falls ihr gerade denkt „Mount St. was?“ Kein Problem, dieser Berg ist sicher kein Klassiker für Outdoor-Aktivitäten. Und das aus gutem Grund.Der St. Elias ist schlecht zu erreichen. Hubschrauber können ihn nicht anfliegen – zum einen ist es verboten, zum andern reicht der Sprit nicht. Eigentlich kann er nur per Flugzeug angeflogen werden. Das Besondere an diesem Berg ist, dass er direkt am Pazifik liegt, was wiederum bedeutet, dass er mit seinen 5.489 Höhenmetern einen wirklichen gewaltigen Höhenunterschied bietet. Genau genommen handelt es sich um den relativ höchsten Berg der Welt.
Zum Verständnis: Im Himalaja beträgt der relative Höhenunterschied des Mount Everest zum tibetischen Hochland (nur) etwa 3.500 Höhenmeter. Hinzu kommt, dass sich der St. Elias wirklich selten von seiner Schokoladenseite zeigt. Selbst wenn er das macht, wirkt es nur so, denn die Lawinengefahr steigt regelmäßig mit schöner werdendem Wetter.
Outdoor-Test: wollte wissen, wie man drauf sein muss, um sich auf ein solches Projekt einzulassen. Und wie es der Zufall so will: Volker Holzner war unser Guide bei einer schönen Skitour in den Kitzbühler Alpen. Genug Zeit, um Volker mit unseren Fragen zu nerven…
Outdoor-Test:: Volker, wie lange hast du nachgedacht als du gefragt wurdest, an dem Projekt teilzunehmen?
Volker Holzner: Gar nicht, Resl (Peter Ressmann, Anm. d. Red.) war dabei und das war Grund genug um dabei zu sein. Danach habe ich erst gefragt, Wo, Was, Wie, Warum, …Outdoor-Test:: Was hat dich besonders gereizt?
Volker Holzner: Erst als ich mich mehr mit dem Berg befasst hatte, wurden mir die Reize bewusst. Der tolle Berg an sich, die Abgeschiedenheit, die Möglichkeit überhaupt da hin zu kommen, ohne einen finanziellen Kollaps zu erleiden.
Outdoor-Test:: Wie hast du dich vorbereitet? (Training, Studium der Besonderheiten des Bergs)
Volker Holzner: Ich bin ja das ganze Jahr in den Bergen unterwegs und daher generell in einer soliden Verfassung. Die Kondition habe ich mit vielen Skitouren am Abend noch aufgepäppelt, Technisch wusste ich, dass ich kaum in Schwierigkeiten kommen würde. Die Informationen über den Berg habe ich mir von Axel (Axel Naglich, Anm. d. Red.) geben lassen, der hatte allerlei Kontakte. Dann war da nur noch Vorfreude.
Outdoor-Test:: Beschreibe doch mal die Anreise. Wie seid ihr zum Berg gekommen?
Volker Holzner: Es fing mit einem Flug nach Anchorage, Alaska an. Von da fuhren wir 5-6h Richtung Osten nach Chitnna, ein kleines Kaff und der letzte Ort vor der Wildnis. Ab da mit Paul Claus in seinem Flugzeug in einer guten halben Stunde zu seiner Lodge und als das Wetter und die Ausrüstung perfekt war in einer Stunde zum Berg.
Outdoor-Test:: Der St. Elias präsentiert sich eigentlich nie freundlich. Welche Strategie hattet ihr euch zurecht gelegt, den Berg zu besiegen?
Volker Holzner: Zuerst war einmal (An)schauen geplant, den Berg fühlen, begreifen. Depots und Lager einrichten als notwendige Vorsichtsmaßnahmen und den eigentlichen Gipfelsturm dann leicht und schnell. Letztlich hat uns dann aber das Wetter die Strategie aufgezwungen.
Outdoor-Test:: Euer erster Versuch den Gipfel zu erreichen, ist gescheitert und ihr musstet ein zweites Mal wiederkommen. Wieso, weshalb, warum?Volker Holzner: Die Antwort fällt sehr kurz aus: Das Wetter! Die ursprünglich positive Wetterprognose wechselte am 2. Tag stündlich und endete mit einem Funkspruch vom Helipiloten. „Macht, dass ihr runterkommt“! Binnen einer Viertelstunde wechselte ein kalter, stahlblauer Himmel zu einem Schneesturm in Orkanstärke. Nach unserer Rückkehr in die Lodge war kein stabiles Hoch in Sicht und die Akklimatisation ging schön langsam flöten. Also sind wir nach Hause und 2 Monate später bei sicherem Hochdruckwetter wiedergekommen.
Outdoor-Test:: Was waren die Herausforderungen beim Aufstieg?Volker Holzner: Rein technisch ist der Mt. St. Elias mit einer zünftigen Westalpentour vergleichbar. Die Würze war aber in diesem Fall die Länge. Die Dimensionen überstiegen jeden Erfahrungswert. Der Lawinenhang hinüber zum Hiddencol, sowie die ausgeaperte Rinne im Hang darüber waren natürlich „Bauchwehpassagen“.
Outdoor-Test:: Gab es Momente, in denen du gedacht hast: Auf was habe ich mich da eigentlich eingelassen?
Volker Holzner: Ja, zuerst beim Abstieg im Schneesturm mit der darauffolgenden Schauflerei im Basecamp und dann bei der fälligen Entscheidung zum Einstieg in die apere Rinne. Ich war ja der Vorsteiger. Man muss sich das einmal vorstellen. 2 Stunden nach dem Aufbruch um 5 Uhr in der Früh steht man vor einem 70 Grad steilen Kieshaufen. Ja oder Nein! Film oder nicht Film! Mit viel Bauchweh bin ich doch eingestiegen und dann ging es wesentlich besser als erwartet.
Outdoor-Test:: Wie war die Stimmung im Team?
Volker Holzner: Beim ersten Mal gab es einige Differenzen mit den Amerikanern im viel zu großen Team, die unserer Meinung nach zu viel geredet und zu wenig gearbeitet haben. Beim zweiten Anlauf war es dafür super. Ruhig, ohne Hektik und lustig.
Outdoor-Test:: Was für ein Gefühl war es, fast 5.500 Höhenmeter abzufahren? Gab es Momente, in denen du die Abfahrt genießen konntest?
Volker Holzner: Ich bin ja gar nicht abgefahren, sondern mit Günter, dem Kameramann, zusammen abgestiegen. Ich weiß aber von Resl und Axel, dass sich der Genuss auf wenige nicht so steile Passagen beschränkt hat.Outdoor-Test:: Hast du den Film schon in Gänze gesehen? Was hast du empfunden? Und wie gefällt dir der Film?
Volker Holzner: Ich war bei den verschiedenen Premieren dabei und kann keine objektive Wertung abgeben. Aber bei den Gipfelszenen lief es mir ganz kalt den Rücken runter.
Outdoor-Test:: Was war für dich persönlich der herausragende Moment dieser Geschichte?
Volker Holzner: Das letzte Biwak vor dem Gipfeltag in der warmen Abendsonne mit dem überwältigenden Blick auf den Pazifik. Und die Feier als wir wieder gesund zurück waren (schemenhaft).
Outdoor-Test:: Letzte Frage – Im Nachgang, würdest du es wieder tun?
Volker Holzner: Denselben Berg nicht mehr, da war ich ja schon. Aber wenn sich die Gelegenheit für ein neues, tolles Projekt ergibt, bin ich gern wieder dabei.
Outdoor-Test:: Volker, vielen Dank für die Schilderungen auf einer schönen Tour!
Beeindruckende Bilder von der Tour und der Trailer zum Film